Sonntag, 8. September 2013

Top 100, 25: Nick Drake - Pink Moon

25 Nick Drake - Pink moon (1972)
Als Nick Drake im Jahr 1971 sein drittes und letztes Album "Pink moon" aufnahm, bemerkte dies kaum jemand. Der stille und oft mit romantisierenden Klischees attribuierte Songwriter war alles andere als eine Berühmtheit. Zu unaufdringlich, zu bescheiden war sein Auftreten - Drake suchte sein Heil in der Isolation, anstatt die Ochsentour durch Clubs oder Rundfunksendungen anzutreten.

Dass Nick Drake ein depressiver Mann war, zeigt nicht nur die Tatsache, dass er wenige Jahre nach "Pink moon" (höchstwahrscheinlich freiwillig) aus dem Leben schied. Die Musik, die Drake uns hinterlassen hat, ist größtenteils traurig, manchmal morbid und stets melancholisch. Schon auf seinem Debüt "Five leaves left" finden sich kaum Lieder, die nicht in Moll-Akkorden baden.

Wie nähert man sich nun dem Schaffen Drakes an, ohne in die Pathosfalle zu tappen? Man muss wohl oder übel konstatieren, dass der frühe Tod des Künslters sicher viel zu dessen Mystifizierung beigetragen hat. Die Idee des zu Tode betrübten Feingeistes hat auch im 21. Jahrhundert kaum an Strahlkraft eingebüßt. Dieser Blog heißt allerdings nicht ohne Grund "Der Anhörer". Ich sehe wenig Anlass zur Verkitschung von Biographien - die Musik soll und wird stets im Zentrum meiner Artikel stehen. Lassen wir also die Ohren sprechen:

Auf "Pink moon" spielt Nick Drake Gitarre und singt dazu. Keine aufgeblasenen Band-Arrangements wie auf seinem Zweitwerk "Bryter Layter" und auch keine Streicher. Nur ein einsames Klavier verirrt sich in den Titelsong, der Rest bleibt spartanisch. Drakes Gitarrenspiel ist elegant und reich an Verzierungen. Gitarrenbegleitung und Gesang umschmeicheln einander, die weiche Stimme des Sängers vermittelt ein Gefühl der Wohligkeit, welche sich allerdings bei einem Blick auf die Songtexte rasch verflüchtigt.

Lieder wie "Parasite" ("Lifting the mask from from a local clown / Feeling down like him / Seeing the light in a station bar / And travelling far in sin") oder "Know" ("Know that I love you / Know I don't care / Know that I see you / Know I'm not there.") prägen die Stimmung. Fröhlich geht anders. 

Gerade die Verbindung aus der so zurückgenommenen Musik und den teils bodenlos trübsinnigen Texten ist jedoch der Grund, weswegen "Pink moon" nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt hat. Die Gitarre nimmt den Worten Drakes die fatalistische Schärfe; erst bei genauem Hinhören offenbaren sich die Abgründe, die zwischen den so lieblich daherkommenden Melodien lauern. 

"Pink moon" ist kurz - nicht einmal eine halbe Stunde dauert das Album. Doch gerade die Kürze, das Skizzenhafte, ja das bewusst Unvollendete verleihen dem Album diesen Nimbus des Ungreifbaren. Die Bedingung lautet Unvollständigkeit, was bleibt, ist eine Ahnung.

Dienstag, 3. September 2013

Selbst ist der Anhörer!

Ich bin nicht nur ein begeisterter Musikhörer, seit meinem zwölften Lebensjahr mache ich auch selbst aktiv Musik. In all den Jahren habe ich verschiedene Instrumente (Klavier, Schlagzeug, Gitarre) autodidaktisch zu lernen versucht, und bin zwar kein Virtuose geworden, aber kann doch ganz passabel Töne und Rhythmen erzeugen.

Im Kern meines persönlichen Schaffens stand seit jeher das Songwriting. Selbst als ich noch ein reichlich dilletantischer Teenager war, habe ich Lied um Lied geschrieben, manchmal habe ich mehrere hundert Stücke in einem Jahr komponiert. Und mit der Zeit wurden diese auch vorzeigbar.

Nachdem ich ca. 2004 die elektronische Musik für mich entdeckt hatte, gab es kein Halten mehr. Die schier endlosen Möglichkeiten, die einem die computergestützte Musikproduktion ermöglicht, entsprachen einer Eintrittskarte zum Schlaraffenland. Ich machte weiter, immer weiter; produzierte Technotracks und HipHop-Beats und erschuf irgendwann dazwischen auch einige Electropop-Alben.

Wenn ich heute vor der Liste aller meiner Songs und Tracks sitze, frage ich mich manchmal, woher all diese Musik kam. Gewiss, viele Lieder (gerade die älteren) sind heute höchstens mit verstopften Ohren erträglich, aber dennoch gibt es etliche Kompositionen, die ich noch immer schätze und die ich auch in den nächsten Jahren live spielen und an Mann und Frau bringen möchte.

Nachdem ich 2009 das Electro/IDM-Album "Hell is possible / The Healing" fertiggestellt hatte, fiel ich in ein tiefes Loch. Es galt, einen neuen Ansatz zu finden. Die Tatsache, dass mein ganzes Leben in jener Zeit aus den Fugen geraten war, tat sicher ihr Übriges. Und so verbrachte ich Jahre damit, liegengebliebene Ideen zu vollenden und wild ins Leere hineinzuexperimentieren.

Nun schreiben wir das Jahr 2013. Ich habe mich verändert und auch mein Zugang zum Songwriting ist ein anderer als früher. Noch immer fällt es mir leicht, neues Material zu schreiben, noch immer liebe ich diesen Moment, in welchem ein Stück Form annimmt und man erkennen kann, wohin die Reise geht. Dennoch bin ich selbstkritischer geworden, es geht nicht mehr darum, möglichst viel zu produzieren.

So absurd es klingen mag, aber mir ist bewusst geworden, dass ich noch eine Menge Zeit habe. Ich habe seit 1998 über 600 Songs geschrieben, die meisten davon zwischen 2001 und 2007. Ich habe gelernt, welche Genres mir liegen und welche nicht, ich musste (Gott sei Dank) erkennen, dass ich nicht rappen kann. Singen und arrangieren klappt dagegen immer noch.

Meine Lehrjahre sind vorüber und ich habe neue Ideen, neue Ziele. Der Anfang dieser zweiten großen Phase meines musikalischen Lebens ist gemacht: Im August habe ich ein lange geplantes Akustikalbum aufgenommen, welches auf den Namen "Save me" hört und am Samstag, den 7.9.2013 erscheinen wird.

Es ist an euch, zu entscheiden, ob ihr die Musik mögt oder nicht. Ich bin froh, dass das Album endlich da ist, dass diese Lieder endlich für jeden hörbar durch das Netz schwirren können.

Ob mir "Erfolg" beschieden sein wird, ist nicht wichtig. Selbst wenn nur ein paar Leute das Album kaufen und von diesen wenigen Menschen nur einer wirklich etwas mit der Musik anfangen kann, habe ich viel erreicht. Weitermachen werde ich so oder so. Der Anhörer ist kein Aufhörer.